Wenn du etwas Neues lernst.
Zum Beispiel Klavier spielen.
Dann bist du natürlich am Anfang schlecht.
Aber es ist okay, dass du schlecht bist.
Kein Mensch erwartet, dass du in der ersten Klavierstunde ein Stück von Rachmaninow spielst.
In so einem Lernprozess ist man nun mal am Anfang schlecht. Das ist normal. Das ist okay.
Dann übt und trainiert man und wird ein wenig besser.
Dann übt und trainiert man weiter und irgendwann … wenn du lange genug geübt hast … dann wirst du gut in dieser Sache.
Wenn du über Jahre übst, wirst du sogar irgendwann meisterhaft.
Und jetzt wende diese Denkweise mal auf den Rest deines Lebens an.
Zum Beispiel auf deine Fähigkeit, Geld zu verdienen.
Oder auf die Fähigkeit, die richtigen Menschen anzuziehen.
Oder auf deine Fähigkeit, mit Menschen gut zurechtzukommen.
Auf deine Fähigkeit, dein Leben leicht zu nehmen und zu genießen, was du hast.
Eben auf all die lustigen Fähigkeiten, die dein Leben besser und schöner machen.
Aber die meisten Menschen denken nicht in diesen Kategorien.
- Dass es okay ist, in manchen Dingen am Anfang schlecht zu sein.
- Dass wir üben müssen, um besser zu werden.
- Dass es okay und normal ist, Fehler zu machen.
- Dass Fehler dazu da sind, dass wir daraus lernen, damit wir überhaupt besser werden können.
Die meisten Menschen denken: Ich bin halt so. Schade. Da kann ich nichts machen.
Beim Klavierspielen siehst du jeden schiefen Ton als Information.
„Ah, da muss ich nächstes Mal anders greifen.“
Beim Leben siehst du jeden Fehler als persönliches Versagen.
„Ich bin unfähig. Ich kann das nicht. Ich tauge nichts.“
Der Mensch ist eine Lernmaschine.
Wir tragen diese Fähigkeit in uns.
Wir können lernen, üben, trainieren und klüger und besser werden.
Du kannst lernen, wie Beziehungen funktionieren und wie du deine Beziehungen immer besser machst.
Du lernst, wie du am besten mit Stress umgehst und so immer entspannter wirst.
Du lernst, was dir guttut und was nicht und so wirst du immer glücklicher.
Wir können das, wenn wir diese Dinge als Lernpfade betrachten und sie zu einem Studienobjekt machen.
Aber wir behandeln uns selbst eher wie einen hoffnungslosen Fall, wenn wir mal daneben liegen.
Wir machen aus jedem Fehler eine Katastrophe.
Wir denken, dass wir schon beim ersten Versuch perfekt sein müssten.
Ein Trick, der mir immer wieder hilft:
Schreibe deine Fehler auf.
Ja, wirklich.
Nimm ein Notizbuch und schreibe hinein, was schiefgelaufen ist.
Aber nicht als Drama-Queen.
Sondern als Forscher deines eigenen Lebens.
Zum Beispiel so:
„Heute habe ich mich wieder von meiner Kollegin überreden lassen, ihre Arbeit zu übernehmen. Ich wollte Nein sagen, aber dann habe ich doch Ja gesagt.“ Übungsfeld: Grenzen setzen. Nächster Schritt: Beim nächsten Mal sage ich: „Lass mich kurz überlegen“, statt sofort „Ja.“
Oder:
„Heute habe ich wieder den ganzen Abend Netflix auf dem Tablet geschaut, obwohl ich eigentlich mein Buch lesen wollte.“ Übungsfeld: Impulskontrolle. Nächster Schritt: Das Tablet in ein anderes Zimmer legen, wenn ich lesen will.
Siehst du den Unterschied?
Du verwandelst deine Fehler in Lernerfahrungen und Entwicklungschancen.
Du findest deine nächsten Übungsfelder.
Du behandelst dich wie jemand, der lernt. Nicht wie jemand, der versagt.
Das Aufschreiben deiner Fehler hilft dir dabei, aus dem emotionalen Drama auszusteigen.
Statt dich zu verurteilen, wirst du neugierig.
„Interessant. Das ist mir schon öfter passiert. Was kann ich daraus lernen?“
Dann siehst du plötzlich Muster.
Du erkennst, in welchen Situationen du immer wieder stolperst.
Du findest heraus, was deine typischen Fallen und wunden Punkte sind.
Und dann kannst du gezielt daran arbeiten.
Aber das Wichtigste: Du hörst auf, dich selbst fertigzumachen.
Du siehst deine Fehler nicht mehr als Beweis dafür, dass du unfähig bist.
Sondern als Hinweise darauf, wo du noch wachsen kannst.
Die Botschaft ist einfach:
Du darfst lernen.
Du darfst üben.
Du darfst Fehler machen.
Du darfst schlecht sein, bevor du gut wirst.
Du darfst ein Anfänger sein – in allem, was neu für dich ist.
Also: Welches ist dein nächstes Übungsfeld?
Alles Gute für dich.
@Ralf Senftleben (Zeitzuleben)
Fotonachweis: unsplash.com/de/@lishakov