Schmerz. Trauer. Druck. Frustration.
Diese Dinge sind wie Regen.
Du kannst dich darüber aufregen, dass du gerade so fühlst.
Du kannst dich ärgern und mit dir selbst schimpfen, dass du so empfindest.
Oder du erkennst einfach, dass diese Gefühle zum Leben dazugehören.
Ich weiß nicht, wie du das handhabst.
Vielleicht behandelst du ja deinen Schmerz wie einen peinlichen Verwandten.
Du versteckst ihn, wann immer Besuch kommt.
Du entschuldigst dich für dein Herz, als wärst du an dieser Stelle einfach falsch.
Dabei ist dein Schmerz ja nicht der Beweis dafür, dass du versagt hast.
Er ist der Beweis dafür, dass du geliebt und gelebt und gewünscht hast.
Bei mir hat es lange gedauert, bis ich das verstanden habe.
Ich habe auch lange gedacht:
Wenn ich traurig bin, läuft etwas falsch.
Wenn ich Angst habe, bin ich schwach.
Wenn ich frustriert bin, sollte ich mich zusammenreißen.
Also habe ich meinen Schmerz wegoptimiert.
Weggeatmet.
Wegrationalisiert.
Aber weißt du, was passiert, wenn du deinen Schmerz ständig bekämpfst?
Du kämpfst letztlich gegen dich selbst.
Du wirst zum Gegner deiner eigenen Gefühle.
Aber der Schmerz macht dich nicht kaputt – DER KAMPF gegen den Schmerz zerstört dich.
Stell dir vor, du würdest mit einem gebrochenen Bein zum Arzt gehen und dich dafür entschuldigen.
Wahrscheinlich eher nicht, oder?
Aber genau das machst du mit deinen emotionalen Wunden.
Noch einmal: Deine Tränen sind nicht das Problem – deine Scham über sie ist es.
Aber da ist noch etwas anderes.
Du behandelst deinen Schmerz wie ein Geheimnis.
Niemand soll es erfahren.
Dabei stecken hinter diesem Schmerz deine wertvollsten Geschichten.
Sie erzählen davon, wo du warst.
Wofür du gekämpft hast.
Was dir wichtig war.
Und wenn du diese Geschichten mit anderen teilst, erzeugst du eine tiefe Verbindung.
Jetzt denkst du vielleicht: “Aber Ralf, ich kann doch nicht einfach in meinem Schmerz baden.”
Stimmt.
Darum geht es auch nicht.
Es geht darum, den Schmerz nicht länger zu verurteilen.
Deine dunkelsten Momente sind nicht deine Schande – sie sind deine Tiefe.
Was dir hier hilft, ist Selbstmitgefühl.
Selbstmitgefühl bedeutet:
Du hörst auf, dich dafür zu schämen, dass du fühlst.
Du erkennst: Auch Schmerz ist die Sprache deiner Seele – und wenn du den Schmerz zum Schweigen bringst, verstummst du selbst.
Du glaubst, stark sein bedeutet, nichts zu fühlen.
Dabei bedeutet Stärke, alles zu fühlen und trotzdem weiterzugehen.
Also.
Hör auf, dich für deine Gefühle zu entschuldigen.
Sie sind nicht dein Feind.
Sie sind deine innere Wahrheit.
Und diese Wahrheit?
Sie darf da sein.
Ich erinnere mich an eine Freundin.
Sie kam nach ihrer Scheidung zu mir und sagte:
“Ich schäme mich so dafür, dass ich immer noch weine.”
Da habe ich sie gefragt:
„Schämst du dich auch, wenn dir nach deinem Marathon die Beine wehtun und du erschöpft bist?“
“Natürlich nicht.”
“Warum schämst du dich dann für dein müdes Herz?”
Hab’ Mitgefühl mit dir selbst.
Und Selbstmitgefühl ist nicht gleich Selbstmitleid.
Selbstmitleid sagt: „Das tut weh. Deshalb kann ich nichts mehr. Deswegen bin ich vom Leben entschuldigt.“
Selbstmitgefühl sagt: „Das tut weh. Und das ist okay. Aber es hilft ja nichts, es darf weitergehen.“
Großer Unterschied.
Selbstmitgefühl bedeutet:
Du gibst deinem Schmerz Raum, ohne ihm die Kontrolle zu überlassen.
Du sprichst mit dir, wie mit deiner besten Freundin.
Du sagst: „Hey, das ist gerade schwer für dich. Das darf auch schwer sein.“
Also.
Das nächste Mal, wenn dein Herz schmerzt. Wenn du frustriert bist. Wenn du dich einsam fühlst.
Kämpf nicht dagegen an.
Akzeptieren hilft dir, dich weniger von Dingen quälen zu lassen, die du nicht ändern kannst.
Denn was passiert ist, ist passiert.
Aber wie du jetzt damit umgehst?
Das liegt bei dir.
Umarme die Sache.
Sage: “Danke, dass du mir zeigst, was mir wichtig war.”
Deine dunkelsten Momente sind nicht deine Schande – sie sind deine Tiefe.
Und diese Tiefe?
Die macht dich zu dem Menschen, der du wirklich bist.
Echt.
Verletzlich.
Wunderschön unperfekt.
Alles Gute für dich.
@Ralf Senftleben (Zeit zu leben)
Fotonachweis: unsplash.com / @Colton Sturgeon







