Freitagmorgens. Ich sitze auf meiner Terrasse, ich schaue in die blühenden Büsche vor mir und ich denke so vor mich hin.
Gerade denke ich, dass das Leben heute nicht mehr so einfach ist, wie noch vor 30 Jahren.
Mein Kleiner wechselt demnächst auf die weiterführende Schule, deswegen denke ich gerade viel über unser Bildungssystem nach. Und durch meine Kinder kann ich direkt und live erleben, dass unser Schulsystem gerade formschön gegen die Wand fährt.
Bum!
Früher war alles besser.
Nein, das ist natürlich Quatsch.
Nicht alles.
Aber manches.
Früher konnten fast alle im Alter von ihrer Rente leben.
Aber es ist natürlich auch immer eine Frage, was du mit was vergleichst.
Denn vor 200 Jahren gab es noch gar keine Rente.
Früher war nicht alles besser.
Früher waren die meisten Dinge eben vor allem anders.
Während meine Gedanken so vor sich hintreiben, schießt mir eine eher unangenehme Idee durch den Kopf.
Ralf, bist du jetzt mit deinen 55 Jahren vielleicht ein Mecker-Onkel geworden? Einer von denen, die nicht damit klarkommen, dass die Welt sich eben ständig ändert?
Bist du einer von denen geworden, die sich zu den alten Zeiten zurücksehnen und die die Schönheit im Neuen nicht mehr erkennen können?
Aua!
Wenn Selbstkritik nicht weh tut, dann ist sie nicht nützlich.
Also … alles richtig gemacht.
Ja, die Welt ändert sich. Und meine Kinder wachsen mit dem auf, was ich teilweise als schlechter empfinde. Für sie ist das alles normal.
Für sie ist das ihr Normalzustand und sie werden damit zurechtkommen.
Ja, die Welt ändert sich ständig.
Aber dennoch gibt es zeitlose Prinzipien, die immer gelten. Die galten vor 2000 Jahren. Vor 200 Jahren. Vor 30 Jahren und auch heute.
Eines dieser zeitlosen Prinzipien ist:
Egal, ob die Zeiten gut oder schlecht sind: Es wird immer Menschen geben, die das, was da ist, für sich nutzen.
Es wird immer Menschen geben, die aus den Steinen, die ihnen jemand in den Weg legt, Häuser und Burgen bauen.
Du kannst dich über das aufregen, was ist.
Oder du kannst dich fragen:
Wie kann ich die Probleme unserer Zeit nutzen? Wie kann ich daran wachsen? Wie kann ich das als Chance sehen und all das in einen Vorteil für mich verwandeln?
In meinem Fall könnte ich eine freie Schule gründen, die meinen Kindern eine bessere Ausbildung liefert.
Oder ich könnte mit der Familie nach Bayern auswandern, wo die Schulen besser sind, als in Niedersachsen. Oder wir könnten nach Estland umziehen, das Land, das in Europa bei den PISA Studien am besten abschneidet.
Der Anfang ist immer, darüber nachzudenken:
Was ist das Problem? Und welche Möglichkeiten fallen mir ein, das Problem zu umgehen oder das Problem zu lösen oder das Problem irrelevant zu machen?
Letztlich geht es aber um folgende Frage:
Bin ich selbstverantwortlich und proaktiv und löse die Herausforderungen und Probleme, die sich mir in den Weg stellen?
Oder gehe ich reaktiv durchs Leben und gebe mich mit dem zufrieden, was eben da ist? Was in guten Zeiten ein guter Weg ist, in schlechten Zeiten aber eben nicht.
Mache ich Limonade daraus, wenn das Leben mir saure Zitronen gibt?
Oder beklage ich mich darüber, dass ich keine Kirschen und Erdbeeren bekommen habe?
Das ist also das zeitlose Prinzip, von dem ich spreche:
Den proaktiven, den selbstverantwortlichen und den einfallsreichen Lebensgestaltern wird es im Großen und Ganzen immer besser gehen als den anderen.
Weil sie ihr Leben und das ihrer Lieben in die eigene Hand nehmen. Weil sie sich in ihrer Umgebung kleine Inseln schaffen und durch ihr Tun ihre Lebensumstände verbessern.
Daran musste ich mich heute Morgen erinnern. Weil ich das offensichtlich mal wieder vergessen habe.
Denn je älter du wirst, desto schneller fängst du an zu denken: „Die Welt geht den Bach herunter.“
Das tut sie aber nicht.
Die Welt ändert sich einfach nur.
Die einen sagen: Alles wird schlechter.
Die anderen sagen: Endlich ändert sich mal was.
Ja, die Welt ändert sich jeden Tag.
Und unsere Aufgabe ist es, uns selbst und unser Leben ab und an wieder neu zu erfinden, um auch in der veränderten Welt zurechtzukommen.
Das ist es, was ich dir heute wünsche:
Ich wünsche dir die Kraft, den Biss und die Entschlossenheit, das zu ändern, was du ändern kannst. Um dein Leben besser zu machen. Damit du mehr von dem bekommst, was du brauchst, um glücklich und zufrieden zu leben.
Mach was daraus.
@Ralf Senftleben
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