Sie begleitet uns unser ganzes Leben.
Sie ist unsere erste und letzte körperlichen „Aktion“.
Ohne sie wären wir nicht überlebensfähig.
Und sie ist für unsere Kommunikation von entscheidender Bedeutung:
Unsere Atmung!
Vielleicht fragst Du Dich jetzt, was denn bitte schön Deine Atmung mit Deiner Kommunikation zu tun hat. Vielleicht sogar mehr als Du denkst.
Atmung und Kommunikation
Bist Du schon mal als Kind oder auch in späteren Jahren so richtig auf deinen Allerwertesten gefallen?
Dann weißt Du wahrscheinlich, dass Du in den ersten Sekunden nach dem Sturz keine Luft mehr bekommst. Ich erinnere mich noch sehr gut, wie ich als Kind vom Skateboard gehagelt bin. Ich wollte vor Schmerzen schreien und musste zu meinem Erstaunen feststellen, dass kein Ton aus meiner Kehle kam. Da wurde mir zum ersten Mal bewusst, dass Atmung und Stimme zusammenhängen.
Zusammenhang von Atmung und Stimme
Die Atmung ist also nicht nur unser Lebenselixier und überlebensnotwendig, sondern auch die Voraussetzung, dass wir Töne erzeugen können, sprich, dass wir sprechen können.
In diesem kurzen Video wird sehr anschaulich erklärt, wie Atmung und Stimme zusammenhängen: https://www.youtube.com/watch?v=bbmwRlPJmrk
Je mehr Atemluft wir also zu Verfügung haben, desto mehr Stimmvolumen haben wir. Um möglichst viel Atemluft zur Verfügung zu haben, ist es natürlich wichtig „richtig“ zu atmen.
Wie atme ich richtig?
Wichtig für eine wohlklingende Stimme ist die Anwendung der richtigen Atemtechnik, also der Tiefatmung, den meisten eher bekannt als Bauchatmung.
In meinen Seminaren erlebe ich es immer wieder, dass Teilnehmer*innen sagen, ihr Bauch gehe beim Einatmen nach innen und komme beim Ausatmen wieder heraus.
Achtung: Es sollte genau umgekehrt sein!
So funktioniert gesunde Bauchatmung:
Beim Einatmen dehnt sich die Bauchdecke.
Dadurch schaffen wir Raum und unsere Lungen können sich komplett füllen, weil sich die Luft bis in die untersten Lungenzipfel ausbreiten kann.
Beim Ausatmen zieht sich der Bauch zusammen.
Dadurch erzeugen wir einen starken Luftstrom. Sofern dieser Luftstrom zur Lautbildung, also zum Sprechen dient, wird er auch als „Phonationsstrom“ bezeichnet.
Hast Du Dich schon einmal gefragt, warum ein Baby ohne müde oder heiser zu werden, oft minutenlang lauthals schreien kann? Ganz einfach, weil es die perfekte Bauchatmung beherrscht und nie auf die Idee käme flach, sprich nur in den oberen Brustkorb zu atmen.
Fazit: Je tiefer Deine Atmung, desto mehr Atemluft, desto mehr Stimmvolumen und desto wohlklingender Deine Stimme.
Oder hörst Du gerne Menschen zu, die eine verhauchte, viel zu leise, gepresste, dauer-heisere oder „knöttelige“ Stimme haben?
*Am Ende des Beitrags findest Du ein paar hilfreiche Übungen, wie Du Deine Atmung verbessern kannst.
Es gibt noch andere Faktoren, wie Du mit Hilfe Deiner Atmung Deine Kommunikation positiv beeinflussen kannst.
Auf zwei der wesentlichsten Faktoren möchte ich hier eingehen.
Zusammenhang zwischen Atmung und Pausen
Zusammenhang zwischen Atmung und Emotionalität
Zusammenhang von Atmung und Pausen
Pausen sind für eine erfolgreiche und wertschätzende Kommunikation essentiell. Leider ist einer der Hauptfehler in der Kommunikation, keine Sprechpausen zu machen. Das habe ich mittlerweile bei tausenden Seminarteilnehmer*innen erlebt.
Warum Pausen so unglaublich wichtig sind, kannst Du gerne noch einmal in meinem eBook „Die Magischen Sieben“ nachlesen.
Wie kann die Atmung Dich beim Pausen machen unterstützen?
Sobald Du in Gesprächen bewusst Deine Atmung wahrnimmst und auf Deine Bauchatmung achtest, gehst Du ganz automatisch ein wenig vom Gas runter gehen.
Wenn Du ruhig und tief atmest macht Dich das sicherer und souveräner. So hast Du die nötige Gelassenheit, Pausen zu machen. Denn meist steckt hinter pausenlosem Reden eine Angst vor Widerspruch.
Zusammenhang von Atmung und Emotionen
Obwohl unsere Atmung durch das vegetative Nervensystem gesteuert wird und dadurch ganz automatisch funktioniert, können wir sie im Gegensatz zu allen anderen Funktionen des vegetativen Nervensystems bewusst steuern. Wir können die Luft anhalten, unseren Atemrhythmus verlangsamen oder beschleunigen, den Atem in den Brustkorb oder in den Bauch fließen lassen.
Das heißt, Deine Gedanken können Deine Atmung steuern. Umgekehrt ist das genauso möglich: mit Deiner Atmung kannst Du Einfluss auf Deine Gedanken nehmen. Je ruhiger und tiefer Du atmest, desto klarer kannst Du denken und desto besser kannst Du starke Emotionen, die ihren Ursprung in Deinem aufgeregten Geist haben, beruhigen!
Dennoch kommt es uns oft so vor, als ob unsere emotionalen Reaktionen ein Eigenleben in uns führten.
Sehr oft werde ich in meinen Seminaren gefragt, wie es denn möglich sei, seine Emotionen in Schach zu halten. Dieser Wunsch, die eigenen Emotionen in den Griff zu bekommen, ist oft sehr dringlich.
Folgende Probleme werden häufig genannt:
Ich habe mich hinterher so geärgert, dass ich weinen musste!
Ich war so genervt, weil meine Stimme vor lauter Unsicherheit gezittert hat.
Es war mir hinterher total unangenehm, dass ich so überreagiert habe und mitten im Gespräch wortlos gegangen bin.
Es tat mir im Nachhinein so leid, dass ich so gebrüllt habe und mir Sachen rausgerutscht sind, die ich eigentlich nicht sagen wollte.
Diese Emotionen haben eines gemeinsam: sie werden von einer schnelleren und meist flacheren Atmung begleitet. Wenn wir entspannt sind, atmen wir meist automatisch ruhig und tief. Dein Atem folgt also Deiner Stimmung beziehungsweise passt sich Deinem momentanen Zustand an.
Wie oben bereits erwähnt hier die gute Nachricht:
Es funktioniert auch umgekehrt!
Mit Hilfe Deiner Atmung kannst Du sozusagen den Spieß herumdrehen.
Wie kann die Atmung Dich unterstützen, nicht zu emotional zu reagieren?
Sobald Du bemerkst, dass Du emotional wirst, lege Deine Hand auf Deinen Bauch und konzentriere Dich auf Deine Bauchatmung. Meist reichen dazu zwei bis drei Atemzüge und schon bist Du etwas ruhiger.
Diese kurze Phase des Innehaltens kannst Du für die unterschiedlichsten Dinge nutzen, je nachdem, was sich in der jeweiligen Situation anbietet. Hier ein paar Beispiele:
Du kannst in einer Ich-Botschaft formulieren, was gerade in Dir vorgeht, anstatt eine emotional geladene Du-Botschaft „rauszuhauen“.
Du kannst Deinem Gegenüber eine Frage stellen.
Du kannst transparent machen, dass Du gerade etwas emotional reagierst und bitten das Gespräch zu vertagen.
Meine geliebte Großtante Hilde hatte in ihrem Flur ein schönes Holzschildchen hängen.
“Nicht aufregen.Tief Luft holen. Ruhig atmen.”
Immerhin wurde sie 96 Jahre alt, wer weiß, vielleicht weil sie sich dieses Motto wirklich zu Herzen genommen hat. Mittlerweile ziert das schöne Erbstück meine Garderobe. Ich habe es Dir abfotografiert. Am besten Du druckst es Dir aus, hängst es zuhause oder in Deinem Büro auf und wirst damit 100 Jahre alt 🙂
Zum Abschluss noch die angekündigten Atemübungen.
Wenn Du sie täglich als kleines Ritual in Deinen Alltag einbindest, kannst Du die Bauchatmung nach und nach verankern. Sobald Du in schwierige (oder andere stressige) Gesprächssituationen kommst, lege Deine Hand auf Deinen Bauch und automatisch weiß Dein Körper, dass er in die Bauchatmung wechseln soll. Und wenn Du wirklich am Ball bleibst mit dem Üben, dann macht er das auch, versprochen!
Atemübungen
Schon eine kurze Übungseinheit von wenigen Minuten kann Deine Atmung verlangsamen und vertiefen, Deinen Geist und dadurch Deine Emotionen beruhigen und Deinen Fokus schärfen.
Atemübung 1
Diese Übung kannst Du im Sitzen oder im Stehen durchführen.
Im Sitzen:
Deine Beine sind hüftgelenksweit auseinander, die Füße parallel zueinander. Rechter Winkel in den Knien, Schultern locker nach hinten unten absinken lassen.
Im Stehen:
Stelle Dich hüftgelenksweit hin, die Füße parallel zueinander.
Leichtes Spiel in den Knien, Schultern locker nach hinten unten absinken lassen.
Lege nun Deine Hand in Höhe Deines Bauchnabels auf den Bauch und schließe die Augen.
Stell Dir nun einen Duft vor, den Du sehr liebst. Irgendeinen Lieblingsgeruch, zum Beispiel Deiner Lieblingsblume, Deines Lieblingsessens oder Deines Lieblingsmenschen, Deiner Fantasie sind keine Grenzen gesetzt 😉
Und nun atme diesen wunderbaren Geruch durch die Nase tief in Dich ein.
Nimm so einige tiefe Atemzüge und lasse den Duft Deinen ganzen Körper anfüllen.
Beobachte dabei, wie sich Dein Bauch bei der Einatmung leicht nach vorne wölbt und bei der Ausatmung wieder zusammenzieht. Die Schultern bleiben dabei entspannt und sollten sich nicht anheben.
Atemübung 2
Lege Dich bequem in Rückenlage auf den Boden, am besten auf eine Decke oder Yogamatte. Nun legst Du Dir in Höhe des Bauchnabels einen Gegenstand (z.B. ein dickes Buch, Dein Laptop, ein Meditationskissen) auf Deinen Bauch. Atme jetzt tief in den Bauch ein und aus und beobachte, wie sich Dein Bauch mit samt des Gegenstandes bei der Ein- und Ausatmung hebt und wieder senkt.
Atemübung 3
Die dritte Atemübung kannst Du sehr gut auch nur mit Deinen Händen machen. Am besten, Du fängst heute damit an, jeden Abend und jeden Morgen im Bett, eine Hand oder beide Hände auf den Bauch zu legen und ganz bewusst fünf bis zehn tiefe Atemzüge zu nehmen.
So kann sich Deine Bauchatmung vollständig in Deinem Verhalten festigen.
Wie oben beschrieben setzt Du damit einen Anker: sobald Deine Hand auf dem Bauch ist, weiß Dein Körper, dass Du tief atmen sollst. Das kannst Du Dir in schwierigen Gesprächssituationen zu Nutze machen!
Jetzt wünsche ich Dir viel Spaß beim Üben und Verankern.
@Betty Hensel
Fotonachweis: unsplash.com / @Eli DeFaria