Lebensgestalter haben keine Probleme, sie haben Herausforderungen.
Ja, ja. Ich weiß. Das ist wieder etwas aus der Kategorie: Immer schön positiv bleiben.
Aber für mich macht es tatsächlich einen Unterschied, wie ich Schwierigkeiten in meinem Leben betrachte.
Problem. Herausforderung. Was ist der Unterschied?
Ein Problem ist etwas, das ich gerne wegschiebe. Etwas, mit dem ich mich nicht so gerne beschäftige. Ein Problem ist Bähbäh.
Und die Herausforderung?
Das ist etwas, dem ich mich stelle. Da steigt mein Motivations-Thermometer gleich auf 27 Grad. Ich bin einfach geneigter, mich darum zu kümmern.
Eine Herausforderung klingt auch irgendwie selbstgewählter.
Ein Problem ist etwas, das mir jemand anderes aufgedrückt hat.
So geht es mir jedenfalls mit diesen Begrifflichkeiten.
Aber es ist mir schnurps, wie du deine Schwierigkeiten im Leben nennst.
Hauptsache, du kümmerst dich darum.
Denn wenn wir uns nicht um die Probleme in unserem Leben kümmern, dann wachsen sie und sie bekommen Kinder.
Dann haben wir statt eines kleinen Problemchens eine schicke Problemfamilie.
Die sieht dann so aus, wie die Adams-Family.
Aber die meisten von uns wollen ihre Probleme nicht lösen. Wir wollen nicht mal hinschauen.
Unglücklich im Job.
Unglücklich in der Beziehung.
Zu einsam.
Zu unordentlich.
Ständiger Streit mit dem Bruder.
Zu wenig Sinn im Leben.
Keiner, der mich mal drückt.
Was es auch für dich ist.
Ich bin sicher, du könntest auch eine nette, kleine Liste mit Problemen schreiben.
Mit Dingen, die du dir anders wünschen würdest.
Dinge, die mehr oder weniger Schmerz in deinem Leben verursachen.
Wobei wir hier natürlich auch nicht unrealistisch sein sollten.
Kein Leben ist perfekt und es gibt Probleme, die muss man nicht lösen.
So schlimm sind sie gar nicht. Manchmal entsteht das Problem auch nur in unserem Kopf.
Wir sehen es als Problem, obwohl es objektiv betrachtet keines sein müsste.
Deswegen ist eine Problemliste gar keine so schlechte Idee.
Setz dich mal für eine halbe Stunde hin und schreibe alle Dinge auf, die du dir anders wünschen würdest.
Und dann schaust du jeden Punkt an und du vergibst Sternchen.
**** für die richtig, fetten, krassen, schmerzhaften Super-Probleme, die dich regelmäßig zum Weinen bringen oder derentwegen du dich komplett gelähmt fühlst. Probleme, die du lösen musst, weil sie dich sonst krank machen oder umbringen.
*** für die wirklichen doofen, hässlichen Probleme, die dir massiv Schmerz, Angst und Sorge bereiten. Dinge, die du wirklich angehen solltest.
** für die nervigen, blöden Dinge, die gerne anders werden dürfen. Aber wenn du ehrlich bist: Es gibt Wichtigeres. Wenn du gelassener und stärker wärst, dann würdest du kein Problem daraus machen.
* das sind die Luxus-Probleme. Erste-Welt-Probleme. Mist, die haben meine Nagellack-Farbe aus dem Sortiment genommen, was mache ich denn nun bloß? Ich halte es nicht aus, die Oma vor mir fährt wieder mit 60 über die Landstrasse.
Bewerte mal all deine Probleme auf dieser Skala. Für dich darfst du das. Und glaub mir, das bringt Klarheit und Perspektive.
Für andere solltest du das übrigens lieber nicht machen. Die Probleme anderer kleinzureden, das ist un-empathisch und einfach schlechter Stil.
Schmerz ist Schmerz, egal durch welche irrationale Bewertung ich da angekommen bin.
Ach so … eines noch. Die Probleme mit 4 oder 5 Sternen könnte man lieber zeitnah lösen. Einfach damit sie einem nicht total das Leben versauen.
Denn sie haben die Tendenz dazu.
Aktiviere deine Entschlossenheit.
Krame all deiner Selbstüberwindung und deine Verbindlichkeit zusammen.
Und erkläre das Problem zu einer Herausforderung (Tataaaah), die du zeitnah lösen wirst.
Du solltest sie nicht lösen. Du musst es auch nicht. Sondern du wirst es tun. Punkt.
Ich wünsche dir Klarheit und einen grimmigen, entschlossenen Gesichtsausdruck, wenn du dich deinen Themen endlich stellst.
@Ralf Senftleben / Zeit zu leben
Fotonachweis: unsplash.com/ @ Akhil Lincoln