Kritik von außen. Aua.
Ja, solche Kritik ist nützlich und tricky zugleich.
Du kennst es: Jemand gibt dir einen “gut gemeinten” Hinweis.
Und jetzt stehst du da:
- Ist das wirklich so, wie der andere sagt? (Realismus)
- Erzählt der andere dir nur das, was er sich eigentlich selbst erzählen sollte? (Projektion)
- Ist das Feedback vielleicht nur ein Angriff oder ein “mich klein machen” in Verkleidung? (Manipulation)
- Oder sollte ich jetzt wirklich mal die Klappe halten und zuhören? (Erkenntnis-Moment)
Mit Kritik umzugehen ist einfach kniffelig.
Denn auf der einen Seite brauchen wir Rückmeldungen von außen.
Andere können deine Muster und Schwachstellen von außen so viel einfacher erkennen als du selbst.
Auf der anderen Seite sind viele Rückmeldungen einfach nur Bullshit, Manipulation oder Schuldverschiebung.
Und wir reagieren darauf meist mit der kindlichen Seite in uns.
Wir verbinden die Rückmeldungen direkt mit unserem Selbstwertgefühl.
Autsch.
Wo wir doch besser unseren Verstand darauf loslassen und kluge Fragen stellen sollten.
Das Problem ist: Wir haben nie gelernt, Kritik zu filtern.
Als Kind musstest du alles glauben, was die Großen sagten. Sie waren die Autoritäten. Ihre Meinung war Gesetz.
Heute bist du erwachsen.
Aber der alte Mechanismus läuft noch.
Kritik kommt rein → Selbstwert schrumpft → du fühlst dich klein.
Automatisch. Reflexartig. Ohne Prüfung.
Dabei ist Kritik oft nur ein verzerrter Spiegel.
Wenn deine Kollegin sagt, du seist zu perfektionistisch – kämpft sie vielleicht gerade selbst mit ihrem inneren Schlendrian.
Wenn dein Partner meint, du würdest zu viel arbeiten – projiziert er möglicherweise seine eigene Angst, nicht genug zu leisten.
Die Kritik sagt oft mehr über den Sender als über dich.
Wie erkennst du nun gute von schlechter Kritik?
Erstens: Gute Kritik ist konkret.
“Du hast gestern in der Präsentation 3-mal den Faden verloren” … damit kann ich etwas machen.
“Du bist immer so chaotisch” ist Bullshit.
Zweitens: Gute Kritik kommt mit Wohlwollen.
Du spürst es. Der andere will dir helfen und dich nicht kleinmachen. Es fühlt sich an wie eine ausgestreckte Hand, nicht wie ein Schlag.
Drittens: Gute Kritik bringt dich weiter
Es ist eine gute Rückmeldung, wenn sie dir zeigt, wie du deine Ziele einfacher erreichen kannst.
Sie zeigt dir, was du üben, trainieren oder ausbauen solltest. Oder womit du wirklich aufhören solltest.
Aber was machst du, wenn die Kritik trotzdem reinhaut?
Wenn du dich sofort klein fühlst?
Dann eine Pause.
Erstmal durchatmen.
Die erste Reaktion ist fast immer die des verletzten Kindes in dir. Gib ihr Raum.
Aber gib diesem Kind in dir nicht die Führung.
Dann frag dich: Was würde ich einer guten Freundin raten, die genau diese Kritik bekommen hat?
Diese Distanz hilft.
Im Augenblick der Kritik hilft dir deine mentale Stärke.
Und mentale Stärke kannst du trainieren.
Je öfter du übst, zwischen dir und der Kritik zu unterscheiden, desto stärker wirst du.
Je öfter du prüfst statt schluckst, desto stabiler wirst du.
“Interessant, was du sagst. Lass mich darüber nachdenken.”
Dieser Satz schafft Raum. Zeit. Abstand.
Du musst nicht sofort reagieren. Nicht sofort klein werden. Nicht sofort zustimmen.
Kritik ist ein schwieriges Tier.
Sie kann beißen, wenn du nicht aufpasst.
Sie kann dich verletzen, wenn du zu nah rangehst.
Aber sie kann dir auch wichtige Dinge zeigen, die du alleine nie sehen würdest.
Das Geheimnis liegt NICHT darin, immun gegen Kritik zu werden.
Sondern klug mit ihr zu tanzen.
- Sie ernst zu nehmen, ohne dich von ihr verschlingen zu lassen.
- Sie zu prüfen, ohne dich dabei selbst zu zerreißen.
- Sie als Wachstumschance zu nutzen, ohne deinen Wert davon abhängig zu machen.
Kritik ist oft richtig nützlich.
Aber manchmal auch „Arsch“.
Der Trick ist bewusst, erwachsen und achtsam damit umzugehen.
Indem du dich bei Kritik immer fragst:
- Wer hat es gesagt?
- Was will derjenige damit erreichen?
- Was könnte das Geschenk in der Kritik sein, das dich wirklich weiterbringt?
Alles Gute für dich.
@Ralf Senftleben (Zeit zu leben)
Fotonachweis: unsplash.com / @Vitaly Gariev







