Buddhisten unterscheiden zwischen Schmerz und Leid.
Schmerz ist eine körperliche oder emotionale Empfindung, wenn etwas Doofes passiert.
Wenn du dich verbrennst. Wenn dich jemand richtig unfreundlich behandelt. Wenn deine Kinder dir sagen, sie kommen dieses Jahr nicht zu Weihnachten zu Besuch.
Schmerz kannst du nicht vermeiden. Er gehört zum Leben dazu.
Leid dagegen ist das, was wir aus dem Schmerz machen.
Wenn du den Schmerz nicht akzeptieren kannst.
Wenn du auf dich selbst sauer bist, weil dir das passiert ist.
Wenn du dir immer wieder selbst erzählst, wie schlimm das alles ist.
Wenn du dir selbst leid tust.
Wenn du anfängst, deinen Schmerz als Entschuldigung für alles zu nutzen.
Wenn du irgendwann anfängst, dich über deinen Schmerz zu definieren.
Schmerz ist ein unvermeidbarer Teil des Lebens.
Leiden dagegen ist freiwillig.
So sagen es jedenfalls die Buddhisten.
Und wer richtig Leid empfindet, will das natürlich nicht hören.
Das ist doch Victim Blaming. Jetzt bin ich auch noch selbst schuld. Danke du Ar…
Nein, du bist nicht selbst schuld.
Der Schuldige ist der Verursacher eines Schmerzes. Schuld und Sühne. Das ist ein ganz anderes Thema.
Wer am Ende wofür bezahlen muss. Wer moralisch gesehen und wer juristisch im Recht ist.
Vollkommen anderes Thema.
Wichtiger für mich ist eher: Wer ist dafür verantwortlich, mit dem Schmerz zurechtzukommen?
Und dafür bist du natürlich immer selbst verantwortlich.
Das ist unbequem. Aber es ist so. Denn es ist ja DEIN Schmerz. Den kann dir keiner abnehmen.
Du kannst dir natürlich Hilfe suchen. Du hast vielleicht sogar ein Recht auf Hilfe.
Aber es ist trotzdem dein Job, mit dem klarzukommen, was passiert ist.
Mein Schmerz. Meine Verantwortung. Punkt.
Und wer diese Verantwortung ablehnt, der landet oft im Leid.
Leid entsteht, wenn ich MIR selbst Vorwürfe mache.
Leid entsteht, wenn ich ANDEREN Vorwürfe mache oder wenn ich auf Rache aus bin.
Leid entsteht, wenn ich die Realität nicht akzeptieren will.
Leid entsteht, wenn ich mich weigere, etwas für mich zu tun, weil ich schließlich nicht schuld bin.
Leid und Schmerz.
Gelassenheit entsteht, wenn ich diese beiden Dinge sehr gut auseinanderhalten kann.
Auch der gelassene Mensch spürt Schmerz. Aber er geht sehr bewusst und achtsam mit dem Schmerz um.
Und er kümmert sich dann um sich selbst.
Der gelassene Mensch bleibt bei sich.
Der gelassene Mensch investiert seine Kraft da, wo er etwas ändern kann.
Bei sich selbst.
Denn was andere tun oder lassen, hast du nicht unter Kontrolle.
Was andere denken und fühlen, auch nicht.
Die ganzen Dinge, die nicht richtig sind, die nicht fair sind, die einfach falsch sind.
All diese Dinge hast du nicht unter Kontrolle.
Du hast nur unter Kontrolle, was DU tust, wie du reagierst, welche Ziele du dir setzt oder was du zu deiner Priorität machst.
Aus Schmerz wird oft Leid, wenn du versuchst Dinge zu ändern, die du nicht ändern kannst.
@Ralf Senftleben / Zeit zu leben
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