Bedürfnisse sind unsere Antreiber. Alles, was wir tun dient dazu, unsere Bedürfnisse zu erfüllen, körperlich und auch emotional. Unsere Gefühle sind dabei eng verknüpft mit den Bedürfnissen. Sie sind Hinweise darauf, welches Bedürfnis gerade nicht erfüllt wird. Doch, wenn wir nicht im Gleichgewicht sind, uns und unsere Bedürfnisse nicht spüren, kommt es zu Problemen.
Was sind Bedürfnisse?
Wenn ein Bedürfnis erfüllt ist, sind wir glücklich und zufrieden. Wird aber den Bedürfnissen nicht nachgegangen, kommt es zu Unwohlsein und Mangelerscheinungen. Ähnlich ist es bei den psychischen bzw. emotionalen Grundbedürfnisse. Denn ohne Geistesnahrung, Zuwendung, Anerkennung verkümmern wir. Bedürfnisse sind in uns, aber sehr viele stark im Unterbewusstsein. Daher spüren wir sie manchmal mehr und manchmal weniger oder auch gar nicht.
Bedürfnis: das Verlangen oder der Wunsch, einem empfundenen oder tatsächlichen Mangel Abhilfe zu schaffen.
Oftmals erfährt man bereits in der frühen Kindheit ein Mangel in der Erfüllung der seelischen Bedürfnisse. Es fehlt Zuwendung oder die Aufmerksamkeit, die man sich als Kind von den Eltern wünscht. Das führt zu bestimmten Verhaltensmuster oder auch Glaubenssätzen, die meist bis ins Erwachsenenalter gelebt und gedacht werden. Somit werden die eigenen Bedürfnisse nie richtig wahrgenommen.
Deshalb sollten wir unsere möglichen Defizite finden und sie wieder ins Gleichgewicht bringen. Doch wie lauten nun diese Grundbedürfnisse der Seele?
Beispiele für emotionalen Bedürfnisse:
- Geliebt werden und Lieben
- Sicherheit und Geborgenheit
- Verbundenheit bzw. Zugehörigkeit
- Anerkennung und Erfolg
- Lob, Umgang mit Kritik, Gefühl des Gebrauchtwerdens
- Freiheit, Selbstbestimmung, Identität und Kreativität
- Selbstwert
- Sinn, Spiritualität, Glauben
- Wohlbefinden – „Ein gesunder Geist in einem gesunden Körper“
Wir sind über unsere Gefühle und Bedürfnisse mit anderen Menschen verbunden. Allerdings gibt es oft große Probleme, weil viele Menschen weder die eigenen Bedürfnisse richtig wahrnehmen noch die Bedürfnisse anderer. Oder manche Menschen nehmen vielleicht auch die gleichen emotionalen Bedürfnisse bei anderen weniger wichtig als bei sich selbst. Die emotionalen Bedürfnisse anderer sind eben nicht sichtbar. Daher übergehen wir sie oder haben bestimmte Erwartungen an andere oder be- und abwerten einfach Menschen. Das führt zwangsläufig zu Enttäuschungen und zu Bedürftigkeit.
Bedürftigkeit versus Bedürfnisse
Bedürftigkeit entwickelt sich aus dem Gefühl heraus, daß etwas fehlt. Bedürftige Menschen wollen, daß das Gegenüber, meist der Partner oder die Familie die eigenen Bedürfnisse sofort erkennt und für ihn erfüllt:
Bedürftigkeit: meist eine emotionale Abhängigkeit eines Menschen.
- „Er muss doch sehen, dass sein Verhalten mich traurig macht!“
- „Sie muss doch merken, dass ich mehr Zuneigung brauche!“
- „Warum beachtet er mich nicht, er weiß doch, dass ich mir das wünsche!“
- „Er muss doch fühlen, dass es mir schlecht geht!“…
Bedürftigkeit geht somit immer mit einer Abhängigkeit von den Taten anderer Menschen einher. Bedürftigkeit führt dazu, dass ein Mensch seine eigene Defizite und die daraus entstehende Leere auf einen anderen Menschen projiziert. Dieser Mensch wird dann als „Retter“ idealisiert. Der Andere soll dann die eigenen Bedürfnisse befriedigen.
Es gab auch eine Zeit, da war ich (Silke Loers) sehr bedürftig. Eine gute Freundin sagte sogar, „man kann Deine Bedürftigkeit spüren“. Ich wusste oft nicht, was sie meint. Wie spüren? Es lag daran, dass ich mich zu dieser Zeit nicht spüren konnte. Ich wusste nicht, was für versteckte Bedürfnisse ans Tageslicht wollten. Ich spürte nicht, dass mein Drang nach Zugehörigkeit für manch ein Gegenüber erdrückend war. Ich wollte doch auch nur geliebt werden so wie andere auch. Doch bei mir war der Drang größer. Mir fehlte damals auch die Anerkennung. Viele meiner Bedürfnisse, die aus Kindertagen stammten, waren tief verborgen, wirkten sich aber auf meine Beziehungen aus.
Der ewig unerfüllte Wunsch nach Geborgenheit, Liebe, Zugehörigkeit
Ein grundlegendes Bedürfnis des Menschen ist es eben, intensive und liebevolle Bindungen mit anderen Menschen einzugehen. Damit muss nicht immer eine Partnerschaft gemeint sein. Auch Freunde und das soziale Umfeld sind für unser seelische Wohlbefinden besonders wichtig. Wir wollen eben irgendwo dazugehören.
Die Beziehung zu den Eltern spielen immer eine wichtige Rolle. Wenn als Kind die emotionale Bedürfnisse nicht erfüllt werden konnten, hat das Einfluß auf das gesamte Leben bis hin zum Kontaktabbruch. Oft entsteht daraus ein lebenslanges Suchen nach Liebe oder. Oder ein Gefühl des Alleinseins bleibt ständiger Begleiter. Dann wird entweder das Bedürfnis nach Bindung vollkommen verdrängt oder mit erhöhten Druck verfolgt. So ist man ständig auf der Suche. Der heftige Wunsch nach Zuneigung oder Anerkennung oder Aufmerksamkeit führt zur Bedürftigkeit.
Wenn Menschen beispielsweise ihren Lebenspartner nur aufgrund der eigenen Bedürftigkeit wählen, dann ist dies oft das Ergebnis tiefer Verzweiflung. Sie begeben sich somit in eine starke Abhängigkeit und auch Unterwürfigkeit. Manche wünschen sich Zuwendung so sehr, dass sie fast alles dafür tun würden, geliebt zu werden. Es ist aber keine Beziehung auf Augenhöhe. Der Bedürftige stellt den anderen auf ein Podest und sucht vom anderen die lang vermisste Anerkennung und Hingabe. Ein klares Ungleichgewicht, was zu Schwierigkeiten führen muss. Denn niemand ist dazu da, nur die Bedürfnisse anderer zu erfüllen.
Gesunde Bedürfnisse – ein gesundes Leben
Ein bewusstes und achtsames Leben kann dazu beitragen, etwaige Mängel aufzudecken und das seelische Gleichgewicht wieder herzustellen. Es geht eben nicht um das Problem, was gerade mit jemanden anderen aufgetaucht ist, der Ärger sondern um die Bedürfnisse, die bei einem selbst dahinter stecken. Somit ist das Kennenlernen der eigenen seelischen Bedürfnisse für das eigene Leben wichtig, aber auch für das Zusammenleben mit anderen.
Die eigenen Bedürfnisse wahrnehmen
Manchmal spüren wir gar nicht mehr, was wir fühlen. Um Missverständnissen zu vermeiden ist es aber wichtig, sich Zeit für sich selbst zu nehmen, um versteckte Gefühle wahrzunehmen. Dann können Sie erst die unbewußten Bedürfnisse finden und sich darum kümmern. Wenn in Ihnen ein Gefühl auftaucht, wie ernst nehmen Sie das? Wann gehen Sie dem wirklich nach? Fragen Sie sich:
- Ist die Lebenssituation, die Sie gerade leben, genau die, die Ihre Bedürfnisse befriedigt?
- Was sind Ihre inneren Wünsche?
- Welcher Wunsch ist Ihr ständiger Begleiter?
- Wo bleiben Sie vielleicht auf der Strecke?
- Welche Ihrer Bedürfnisse in Partnerschaft, Beziehung, Job oder Freundeskreis können im Moment nicht erfüllt werden?
Je mehr Sie über sich herausfinden, um so mehr finden Sie sich. So ist es auch bei der Liebe: Das Maß dessen, was man braucht, findet man umso besser, je weniger man tut, um geliebt zu werden. Für Liebe muss man eben nichts tun. Man wird geliebt, weil man so ist, wie man ist und das ist gut so. Je ruhiger Sie innerlich werden, desto attraktiver werden Sie als Partner.
Wer also sich seinen Bedürfnissen offen und ehrlich widmet, steigert sein Selbstwertgefühl. So reduzieren Sie Ihre emotionale Bedürftigkeit drastisch. Die Botschaft ist: Sie sind selbst verantwortlich für die Erfüllung Ihrer Bedürfnisse!
Bedürfnisse ansprechen
Mit der Aufrichtigkeit, sich selbst zu zeigen und anzusprechen, was man braucht, entstehen erst echte Verbindungen. Doch wir haben leider nicht gelernt, offen unsere Bedürfnisse anzusprechen. Wir scheuen uns davor zuzugeben, daß uns in dieser Situation gerade etwas fehlt. Es kommt also auf Mut an, es zu sagen und auf die richtige Formulierung.
Prüfen Sie, ob sich nicht immer versteckte Erwartungen an andere haben: „Schön, daß Du Dich auch mal wieder meldest!“ da weiß der andere nicht, was damit gemeint ist. Was brauchen Sie jetzt in diesem Moment? Die Formulierung ist nicht klar. Ein Missverständnis ist vorprogrammiert. Besser ist, „Ich habe Dich vermisst, das merke ich gerade, weil Du Dich meldest!“ Das ist ein klares Statement.
Seien Sie mutig und formulieren Sie, was Sie sich wünschen. Sagen Sie anderen, was Ihnen fehlt: ICH..
- brauche
- wünsche mir
- möchte gern..
Aber Achtung! Auch wenn Sie sich etwas wünschen heißt das nicht, das der Partner oder Freund auch bereit ist, diesen Wunsch zu erfüllen oder nachzugehen. Es ist seine Entscheidung, ob er etwas für Sie tun möchte. Das hat nichts mit der Zuneigung zu Ihnen zu tun. Wenn jedoch Ihre Bedürfnisse immer auf der Strecke bleiben hilft nur noch diese ungesunde Beziehung loszulassen.
Prüfen Sie jedoch lieber, wie Sie sich Ihr Bedürfnis, das gerade auftaucht, sich selbst erfüllen können. Haben Sie das Bedürfnis nach Zuneigung, vielleicht sorgen Sie jetzt einmal für sich und widmen Ihre ganze Aufmerksamkeit sich selbst. Nehmen Sie sich Zeit für Selbstliebe.
Bedürfnisse anderer erfragen
Versteckte Bedürfnisse können das Zusammenleben mit Menschen echt schwierig machen. Manche Menschen reagieren oft mit passiv-aggressiven Floskeln anstatt offen zu sagen, was ihre Bedürfnisse sind. Hier gibt es die Chance, die Bedürfnisse zu hinterfragen, beispielsweise:
- Was meinst Du? Was soll mir das sagen?
- Warum formulierst Du das so?
- Was hast Du für einen Wunsch?
- Wie wäre es Dir lieber?
- Ich spüre gerade, Du bist unzufrieden. Woran liegt das?
- Wenn ich mit Dir spreche, entsteht bei mir ein schlechtes Gefühl. Wünscht Du Dir etwas?
- Ich habe das Gefühl, Dir fehlt gerade etwas? Kann ich etwas für Dich tun?
- Ich fühle gerade, daß Du nicht offen aussprichst, was Du eigentlich meinst.
Wünschen Sie sich etwas!
Wünsche entspringen Bedürfnissen. Sie zeigen oft einen Mangel. Wir stellen uns etwas vor, was uns derzeit fehlt. Daher sollten wir unsere Wünsche ernst nehmen, auch wenn es Fantasien sind. Denn Wunschvorstellungen geben einem Kraft und helfen, aus Stresssituationen innerlich auszusteigen. Wer sich ausmalt, wie es ist, wenn der Wunsch Wahrheit ist, ist beflügelt. Diese Wünsche sollten aber einigermaßen realistisch sein. Wer ständig vom Millionen-Lottogewinn träumt wird wohl irgendwann frustriert.
Prüfen Sie also, ob Sie Wünsche haben, die Sie Schritt für Schritt Wirklichkeit werden lassen können. Wünsche sind aber trotz allem ein Kompass, sie lenken uns in eine bestimmte Richtung. Daher sind sie wertvoll, um unseren Bedürfnissen nahe zu kommen (Anmerkung Steffen: Wünschen und dann Erwartungen loslassen ist der Weg 🙂 Das Leben ist nicht kontrollierbar).
@Silke Loers