Glaubenssätze und Einstellungen entspringen zum großen Teil unserer Kindheit, die Familiendynamik beeinflusst unsere Haltungen zu Autorität, Erfolg und Identität. Wenn uns etwas im Erwachsenenleben blockiert, lohnt es sich, genauer nachzuschauen, welche Muster aus der Vergangenheit da gerade aktiv sind.
Therapeuten werden bei solchen Aussagen müde lächeln, aber Manager tun sich schon schwer, wenn sie zugeben müssten, dass ihr problematisches Verhalten in Meetings, Verhandlungen oder bei Entscheidungen mit Erfahrungen aus der eigenen Kindheit zu tun haben und sie dagegen oft machtlos sind. Da lohnt es sich, im Coaching also genauer hinzuschauen. Eine Professorin und ein Berater erklären im Harvard Business Manager, wie man auch durch Selbstreflexion einigen “Geistern” auf die Spur kommt (Weg mit den Geistern der Vergangenheit!). Ob das ohne Coach klappt? Sie warnen davor, dass eine “tiefergehende Erkundung der Vergangenheit sensible, schwierige Themen ans Licht bringen kann”. Also doch besser mit Coach? Hier kommen die sechs “Faktoren”, die sich auch am Arbeitsplatz auswirken und uns Probleme bereiten können:
- Werte und Überzeugungen. Sie sind entstanden aus den Vorstellungen, “wie es in der Familie sein sollte“. Fragen Sie sich also, was Ihre zentralen Werte sind. Welche Glaubenssätze aus Ihrer Kindheit kennen Sie? Welche sind geblieben? Welchen Nutzen haben sie gestiftet? Wann haben sie sich als hinderlich herausgestellt? (Beispiele: Bildung ist wichtig! -> Damit kommt man im Leben weiter! Oder: Werde Arzt oder Jurist! -> Du hast die Aufgabe, das Ansehen der Familie zu wahren!)
- Rollen. Welche Rolle spielten Sie als Kind in der Familie? Welche die anderen Mitglieder? Wie hingen diese mit Ihrer Rolle zusammen? Welche haben sich weiterhin als nützlich, welche als hinderlich erwiesen? (Beispiele: Rebell, Versager, Enttäuschung, Versorger, Clown, Unruhestifter usw.)
- Geheimnisse. Hier helfen Fragen wie: Welche Themen oder Personen waren tabu? Welche sind heute noch tabu? Wie wirkt sich das auf Ihr Verhalten aus? (Beispiele: Alkohol, Trennung, Geld, Missbrauch, psychische Krankheiten etc.)
- Grenzen: Gab es klare Regeln, eindeutige Entscheidungsbefugnisse, feste Rollenverteilungen? Wie streng oder locker waren diese? Wie haben Sie sich in dem System gefühlt? Was bedeutet das für heute?
- Triaden. Man kann die Beziehungen in Familien als Eins-zu-eins-Verbindungen analysieren, aber um die besondere Dynamik zu verstehen, bieten sich Beziehungsdreiecke an. Wer bildete diese drei Seiten? Welche Verhaltensmuster wirkten dabei? Wo wiederholt sich das heute? Wo stört es, wo hilft es? (Beispiele: Vater-Mutter-Sohn – Eltern-Bruder-Schwester – Oma-Mutter-Tochter usw.)
- Erwartungen. Eltern haben immer Erwartungen an ihre Kinder. Sie sollen ihre Pflicht erfüllen, fleißig sein, erfolgreich. Welche Erwartungen gab es bei Ihnen? Konnten Sie diese erfüllen? Wie fühlt es sich an, sie zu erfüllen oder eben nicht? Was bedeutet das heute für Sie?
Es wird empfohlen, all diese Fragen schriftlich zu beantworten und dann zu schauen, was das bewirkt. Was überrascht, verwirrt, irritiert Sie? Können Sie mit jemandem darüber sprechen? Wenn Sie Ihren “Geistern” auf die Schliche gekommen sind, gibt es drei Empfehlungen zum Umgang mit jenen, die Sie eher behindern:
- Sich ein positives Ziel setzen. Feiern Sie dabei die Faktoren, die Ihnen bisher positiv gedient haben. Bei den hinderlichen überlegen Sie, welche Sie zuerst “vertreiben” möchten. Und dazu formulieren Sie ein positives Ziel, z.B. “Hör aufmerksam zu!” statt “Unterbrich andere nicht immer!”.
- Formulieren Sie so, dass die “alten Trigger” nicht mehr so stark wirken. Also wenn ein alter Geist lautet: “Sei still, wenn sich Erwachsene unterhalten!” und Sie das Ziel haben, in Meetings eine klare Position zu beziehen, können Sie formulieren: “Meine eigene Meinung einzubringen, hilft dem Team (der Familie) sich weiter zu entwickeln!”
- Eine neue Version des Ichs entwickeln: Wenn Sie verstanden haben, wann und warum bestimmte negative “Geister” das Regiment übernehmen und welche Trigger diese herbeirufen, können Sie ein “provisorisches Ich” entwerfen, “neue Spielarten, die Ihre Geister nicht auf den Plan rufen“. Dazu suchen Sie sich mehrere Vorbilder, die das erfolgreich umsetzen, was sie noch erreichen möchten. Finden Sie heraus, wie diese es anstellen bzw. geschafft haben, so zu sein und schaffen sich so ein breites Spektrum an Verhaltensweisen.
@Johannes Thönnesen (Newsletter Kopp-Wichmann)
Fotonachweis: unsplash.com / @ Bianca Berndt