Und? Wie geht’s so?
Gut? Schlecht?
Für erstaunlich viele Menschen hören hier die Möglichkeiten auf, den eigenen Zustand zu beschreiben.
Dabei kann ich motiviert sein. Peinlich berührt. Vorfreude spüren. Ärger. Fokus. Enttäuschung. Entspannt. Gestresst. Verliebt.
Je mehr du deine Gefühle unterscheiden kannst, desto besser kannst du mit dir selbst und deinen Gefühlen umgehen.
Gelegentlich kommt jemand zu mir und sagt:
Ich weiß gar nicht, was ich fühle.
Und ich kenne das.
So mit 20 war das bei mir auch so. Besonders in Konflikten. Da bin ich in einen gefühlsleeren Modus gegangen und habe gar nichts mehr mitbekommen.
Zum Glück habe ich das überwunden.
Kein Zugang zu den eigenen Gefühlen.
Das ist tatsächlich ziemlich ungesund. Weil wir wichtige Warnsignale nicht mehr mitbekommen.
Aber auch, weil es ja unsere Gefühle sind, die unser Leben lebenswert machen:
Hoffnung. Zuneigung. Genuss. Vorfreude. Inspiration. Erstaunen. Ehrfurcht. Dankbarkeit. Neugier. Stolz. Heiterkeit. Vertrauen.
Wenn du das alles nicht mehr spüren kannst, ist das Leben ziemlich grau.
Wie kommt es, dass wir uns von unseren Gefühlen abkoppeln?
Das ist oft ein Mechanismus unserer Seele, um den Schmerz nicht mehr spüren zu müssen.
Es gibt Menschen, die sind empfindsamer. Für diese Menschen ist jeder Ärger, jede Verletzung, jede Enttäuschung noch intensiver und schmerzhafter als für die anderen.
Wenn es dann zu viel wird, sagen sie:
So! Stopp! Genug. Dann fühle ich jetzt gar nichts mehr.
Aber damit sperrst du eben die schönen Gefühle auch aus. Und du landest in der grauen, nebeligen Welt, wo alles gleich aussieht.
Gefühle einfach nicht mehr spüren.
Das kann unsere Seele.
Aber es ist kein guter Weg.
Lerne lieber, besser mit unangenehmen Gefühlen umzugehen.
Nicht verdrängen. Sondern lieber achtsamen Abstand herstellen. Die Gefühle beobachten. Sie sehen. Sie beschreiben.
Und dich um Himmels willen nicht mit ihnen identifizieren.
Sage nicht: Ich bin sooooo ärgerlich.
Sage: Mein Bewusstsein produziert gerade Ärger.
Aber sage das nur in Gedanken.
Sonst wirst du wahrscheinlich schief angeschaut.
So wie die Gewaltfreien, wenn sie mit einem Uneingeweihten die ganze Zeit über ihre Bedürfnisse reden.
Nein, sage das nur in deinem Kopf.
Schaffe so Abstand zwischen dir und deinen Gefühlen. Indem du dir selbst klarmachst:
Ich bin nicht meine Gefühle. Meine Gefühle sind ein Phänomen, das sich in mir gerade abspielt und bald wieder verschwinden wird. Weil die meisten Gefühle flüchtig und kurzlebig sind.
Um diesen Abstand zu schaffen, gibt es eine ganze Reihe von nützlichen Übungen, wie du das hinbekommen kannst.
Wenn du das lernst, lösen sich viele Probleme von selbst auf.
Zum Beispiel Aufschieberitis.
Denn die entsteht, weil wir nicht bereit sind, uns unserer Frustration und anderen unangenehmen Gefühlen zu stellen.
Wenn du mehr wohlwollenden Abstand zu deinen Gefühlen schaffst, ohne sie zu verdrängen, verschwindet meistens auch die Aufschieberitis.
Aber das nur nebenbei.
Mögest du immer öfter viele, schöne Gefühle haben und mit den anderen ganz entspannt umgehen können.
@ Ralf Senfteben / Zeit zu leben
Fotonachweis: unsplash.com / @soheyl dehghani