Wenn Mitarbeiter am Boreout leiden, leiden sie an Langeweile und Unterforderung im Job – ihr Potenzial bleibt ungenutzt, und im schlimmsten Fall entstehen gesundheitliche Folgen. Arbeitgeber können einiges tun, um das zu verhindern.
Ein Boreout kann durch ständige Unterforderung im Job entstehen: die quantitative und die qualitative. Im ersten Fall hat man einfach zu wenig zu tun. Bei der zweiten Variante erledigt man Arbeiten, bei denen man sein Wissen oder seine Fähigkeiten nicht einbringen kann.
Die Schweizer Unternehmensberater Philippe Rothlin und Peter Werder haben zum Thema Boreout ein Buch veröffentlicht. Sie schätzen, dass der gesamtwirtschaftliche Schaden durch Boreout in Deutschland über 250 Milliarden Euro beträgt.
Um nicht unangenehm aufzufallen, entwickeln Boreout-Betroffene oft Strategien, die eine hohe Auslastung vortäuschen sollen: Sie tun so, als wären sie extrem beschäftigt, strecken Tätigkeiten über mehrere Tage oder machen sogar Überstunden, um zu verbergen, dass sie eigentlich nur wenig tun.
Doch genau diese Versteckspiele belasten die Betroffenen: Sie fühlen sich wertlos; Loyalität und Leistung sinken, die gesundheitliche Belastung steigt an.
Achtung Teufelskreis: Langeweile führt zu schlechter Leistung – und wieder zu Langeweile
Jetzt beginnt ein Teufelskreis: Wer sich über einen längeren Zeitraum gelangweilt und unterfordert fühlt, verliert immer mehr das Interesse an der Arbeit und erbringt immer weniger Leistung. Das wiederum führt dazu, dass der Vorgesetzte anspruchsvolle und interessante Aufgaben eher an andere Mitarbeiter verteilt.
Die Folge: die sogenannte innere Kündigung. Oder gesundheitliche Folgen, die zu Fehltagen führen, die den Arbeitgeber wirtschaftlich direkt belasten.
Warum verzichten Unternehmen auf die Fähigkeiten ihrer Mitarbeiter?
Doch wie kann es überhaupt dazu kommen, dass Unternehmen “freiwillig” auf die Fähigkeiten ihrer Mitarbeiter verzichten?
Wenn die Erwartungen der Arbeitnehmer von denen der Arbeitgeber deutlich abweichen, Führungskräfte dies aber nicht bemerken, kann das dazu führen, dass sich Mitarbeiter nicht gebraucht oder falsch ausgelastet fühlen.
Manchmal wird die gezielte Unterforderung jedoch auch als Instrument eingesetzt: Der Vorgesetzte gibt dem Mitarbeiter nur noch wenige und viel zu anspruchslose Aufgaben – in der Hoffnung, dass der Mitarbeiter sich aus eigenem Antrieb einen anderen Arbeitsplatz sucht.
Probleme können auch aus der Präsenzpflicht am Arbeitsplatz entstehen: Auch wenn gerade nichts oder wenig zu tun ist, muss die Zeit am Arbeitsplatz abgesessen werden.
Was Arbeitgeber gegen Boreout tun können
Unternehmen sollten ihre Mitarbeiter dabei unterstützen, das richtige Maß an interessanten Aufgaben zu finden. Dafür ist es sinnvoll, die Gründe zu analysieren, durch die Mitarbeiter am Arbeiten gehindert werden. Liegt es zum Beispiel an der Organisation? Das kann der Fall sein, wenn Jobanforderung und Qualifikation des Jobinhabers nicht zusammenpassen. Es sollte Führungskräften daher möglich sein, die Aufgabenbereiche ihrer Mitarbeiter an deren Profil oder an neue Umstände anzupassen.
Häufig sind Aufgaben innerhalb eines Teams ungleich verteilt: Während der eine Kollege sich langweilt, bricht der andere vor Arbeit fast zusammen.
Weiter kann es helfen, wenn Strukturen wie die Präsenzpflicht aufgebrochen werden und Arbeitszeiten beispielsweise flexibler gestaltet werden können.
Wichtig ist vor allem, dass nicht nur die Führungskräfte, sondern auch ein Betriebsrat für das Thema Boreout sensibilisiert werden. So finden Betroffene leichter Hilfe.
Auch Mitarbeiter können etwas tun
Auch Mitarbeiter können einiges gegen den Boreout tun. Sofern ein entsprechendes Verhältnis zwischen Mitarbeiter und Führungskraft besteht, kann schon ein vertrauliches Gespräch über die Situation helfen. Dabei sollte der betroffene Mitarbeiter den Mut aufbringen, seine Lage anzusprechen und idealerweise auch gleich Vorschläge mitbringen, wie er seine Fähigkeiten besser nutzen und den Job umgestaltet könnte.
Warnsignale: Leiden Sie an einem Boreout?
Wer glaubt, von einem Boreout betroffen zu sein, kann sich anhand dieser Warnsignale überprüfen:
- Sie erledigen während der Arbeitszeit immer wieder Privates oder verschicken private E-Mails an Ihre Kollegen.
- Sie haben kein Interesse für Ihre Arbeit und fühlen sich gelangweilt oder unterfordert.
- Sie spielen anderen vor, dass Sie viel zu tun haben.
- Nach der Arbeit sind Sie erschöpft, obwohl Sie keinen stressigen Tag hatten.
- Sie sehen keinen tieferen Sinn in Ihrer Arbeit und fühlen sich unglücklich.
- Sie “strecken” die vorhandene Arbeit und arbeiten langsamer als eigentlich nötig.
- Sie würden am liebsten den Job wechseln, scheuen aber z.B. aus finanziellen Gründen davor zurück.
@Techniker Krankenkasse (Newsletter Roland Kopp-Wichmann)
Fotonachweis: unsplash.com / @Anthony Tran