Sicherlich ist Dir das bekannte Zitat von Paul Watzlawick
„Man kann nicht nicht kommunizieren“ schon begegnet.
Watzlawick geht davon aus, dass wir immer kommunizieren auch wenn wir uns nicht mit Worten austauschen. Und genau so ist es: sobald sich Menschen gegenseitig wahrnehmen, verhalten sie sich zueinander und treten so miteinander in Kommunikation. Auch wenn wir mit unserem Gegenüber nicht verbal in Kontakt treten, senden wir nonverbale kommunikative Signale aus. Sie zeigen beispielsweise Interesse, Offenheit und Zugewandtheit oder Desinteresse, Abneigung und Ignoranz.
Was genau sagt das über unsere Kommunikation aus?
- Zwischenmenschliche Kommunikation ist ein Wechselspiel.
- Die Dynamik gemeinsamer Kommunikation lässt sich nicht kausal rekonstruieren.
- Kommunikation ist ein Kreislauf, dessen Anfang nicht wirklich festlegbar ist.
Henne und Ei
Kommunikation ist also zu vergleichen, mit der Geschichte von der Henne und dem Ei. Was war zuerst da? Ganz klar, das Ei, denn ohne Ei kann es keine Henne geben, ihm entschlüpft sie. Woher soll aber das Ei kommen, wenn es nicht von einer Henne gelegt wurde?
Wenn es in der Kommunikation Schwierigkeiten gibt, denken wir oft, dass der Auslöser abweisende, unangenehme oder unpassende Worte unseres Gegenübers war. Dabei übersehen wir, dass wir durch unsere Körperhaltung bereits auslösend am Verhalten unseres Gegenübers beteiligt sind. Und unsere Körperhaltung war vielleicht bereits eine Reaktion auf die Körperhaltung des Anderen, an der wir wiederum schon auslösend beteiligt waren. Diesen Kreislauf könnten wir unendlich weiterführen. Und genau das macht in meinen Augen nicht wirklich Sinn, denn dann geraten wir schnell in das „Fahrwasser“ von richtig oder falsch, Schuld oder Unschuld, „Du hast aber angefangen“ – „Stimmt doch gar nicht, du hast doch zuerst…“ usw. Das führt meist zu nichts, im Gegenteil: es verhärtet die sowieso schon angespannte Situation.
Was also ist zu tun?
Vielleicht sich erst einmal ein paar theoretische Fakten bewusst machen.
Im Zusammenhang mit unserer Körpersprache ist es immer wieder interessant, sich diese Fakten vor Augen zu halten:
- Unsere nonverbale Kommunikation macht ca. 80 Prozent unserer gesamten Kommunikation aus. Das ist weit mehr als dreiviertel des ganzen Kuchens!
- Kommunizieren wir verbal ist unsere Körpersprache
ebenso von entscheidender Bedeutung: hier macht die gesprochene Botschaft höchstens 10 Prozent der Gesamtbotschaft aus.
Ist es in diesem Zusammenhang nicht verrückt, dass wir den Worten oft viel mehr Bedeutung zumessen als unserer Körpersprache? Dabei ist die nonverbale Kommunikation die älteste Form der zwischenmenschlichen Verständigung. Und die Einschätzung eines Menschen geschieht in weniger als einer Sekunde. Dabei machen wir 95 % an Aussehen, Kleidung und nonverbaler Kommunikation fest und nur fünf Prozent, was jemand mit Worten sagt.
Es ist also enorm, wie sehr unsere nonverbale Kommunikation auf unser Gegenüber wirkt und unsere Kommunikation beeinflusst. Und das gilt natürlich auch umgekehrt.
Die Wirkung deiner Körpersprache auf dich selbst
Äußerst spannend ist, dass unsere Körpersprache nicht nur eine starke Wirkung auf unsere Mitmenschen hat, sondern vor allem auch auf uns selbst! Dazu gibt es einen sehenswerten TED Talk von Amy Cuddy. Ich fasse Euch hier mal die für mich interessantesten Erkenntnisse zusammen.
Amy Cuddy führte ein Experiment mit Student*innen durch.
Sie hat Student*innen veranlasst für zwei Minuten entweder eine Hoch- oder Tiefstatus-Haltung einzunehmen.
Danach hat sie die Student*innen gefragt, wie sie sich fühlen und ob sie Lust haben, ein Glücksspiel zu machen.
Ergebnis:
- Die Risikobereitschaft wird von der zweiminütigen Machtpose begünstigt. Von den Hochstatus-Kandidat*innen lassen sich 20 % mehr auf das Glücksspiel ein.
- Die Hochstatus-Kandidat*innen geben an, sich bestimmt, selbstbewusst und wohl zu fühlen.
Die Tiefstatus-Kandidat*innen geben an, sich unwohl, gestresst und energielos zu fühlen.
Zusätzlich zu den Fragen entnimmt sie Speichelproben und findet signifikante Unterschiede im Testosteron- und Cortisolspiegel.
Ergebnis:
- Hochstatus:
- 20 % Anstieg des Testosteronspiegels
- 25 % Rückgang von Cortisol
- Tiefstatus:
- 15 % Anstieg von Cortisol
- 10 % Rückgang des Testosterons
Das heißt zwei Minuten können diese hormonellen Veränderungen herbeiführen und im Gehirn bewirken, dass wir uns entweder gut oder nicht so gut fühlen, dass wir uns entweder mutig auf ein Glücksspiel einlassen oder eher nicht risikobereit sind.
Die spannende Erkenntnis ist also: wir beeinflussen mit unserer Körpersprache und Körperhaltung nicht nur unser Gegenüber, sondern in großem Maße auch uns selbst!
Erste Schritte zur Verbesserung deiner nonverbalen Kommunikation
Wenn Du an Deiner gesamten Kommunikation etwas verändern möchtest, dann ist es äußerst wichtig, Deine nonverbale Kommunikation unter die Lupe zu nehmen. Dafür sind folgende Schritte wichtig:
- Mache Dir bewusst, dass Dein Körper immer spricht (ausnahmsweise ist das „böse“ Wörtchen immer hier mal erlaubt ; ) ). Denn der erste Schritt in eine Veränderung ist das Bewusstwerden.
- Mache Dir bewusst, dass schon kleine Änderungen in der Körpersprache einen großen Effekt haben können: zum Beispiel langsame ruhige Bewegungen anstatt hektischem Rumfuchteln, eine aufrechte und präsente anstelle einer laschen und energielosen Körperhaltung, ein ruhiger Blickkontakt anstatt einem ausweichenden oder starrenden Blickkontakt usw. Und hier sei noch einmal betont: diese kleinen Änderungen haben nicht nur auf Dein Gegenüber, sondern vor allem auch auf Dich selbst einen Einfluss.
- Beginne Deine eigene und die Körpersprache Deiner Mitmenschen zu beobachten und zu studieren. Dabei kannst Du unglaublich viel lernen und Rückschlüsse ziehen.
- Konzentriere Dich beim nächsten Gespräch, in dem Du Dich nicht wohl fühlst, nicht nur auf Deine Worte und die Deines Gegenübers, sondern beachte Eure Körperhaltung.
- Achte auf folgende Kriterien, die für eine „gesunde“ und erfolgreiche nonverbale Kommunikation wichtig sind:
- Guten Bodenkontakt mit beiden Beinen
- Hüftgelenksweiter Abstand der Beine
- Im Stehen: Erdung, Knie locker
- Becken leicht gekippt, unterer Rücken gerade
- Im Sitzen: Sitzbeinhöcker spüren und kleiner Abstand von Stuhllehne
- Körperschwerpunkt im Becken
- Brustbein offen, Atemraum schaffen
- Oberer Rücken gerade / Rückenstrecken
- Schultern und Arme locker für Gestik
- Nacken lang, Kopf locker und beweglich („Marionettenfaden“)
- Gute Grundspannung
- Blickkontakt mit Gegenüber
- Atmung bewusst spüren
- Vollatmung nutzen
Kleiner Tipp am Rande: Überfordere Dich nicht, indem Du alles auf einmal verändern oder umsetzen möchtest. Beim Autofahren-Lernen konnten wir auch nicht alles auf einmal automatisch umsetzen!
@Betty Hensel
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