Heute möchte ich eine meiner wichtigsten Leitlinien mit euch teilen. Es ist ein Rat, den ich vor vielleicht 30 Jahren bekommen habe und der mich seitdem jeden Tag begleitet.
Jeden Tag.
Okay, ich will nicht weiter darum herumreden.
Der Rat lautet:
Lass dein Leben von deiner Sehnsucht regieren, und nicht von deiner Angst.
Die Sehnsucht sagt:
Das will ich.
Das brauche ich.
Danach sehnt sich mein Herz.
Das möchte ich ausprobieren.
Das möchte ich kennenlernen.
Davon brauche ich mehr.
Davon will ich mehr.
Ohne diese Sache wird es immer ein Fragezeichen in meinem Leben geben.
Ohne diese Sache wird immer ein Loch in meiner Seele da sein.
Deswegen tue es. Probiere es. Nimm deinen Mut zusammen. Trau dich. Geh das Risiko ein. Damit du es am Ende deines Lebens nicht bereust.
Die Angst dagegen sagt ganz andere Dinge. Sie sagt:
Pass auf.
Das könnte gefährlich sein.
Du wirst scheitern.
Das ist zu hoch für dich.
Das ist zu viel für dich.
Du wirst enttäuscht werden.
Es ist so gefährlich da draussen.
Da sind so viele Menschen, die es nicht gut mit dir meinen.
Sei vorsichtig, sonst wirst du verletzt.
Nimm dir nicht zu viel vor.
Achte darauf, dass es nicht zu anstrengend wird.
Das kannst du doch nicht machen.
Was sollen denn die Leute denken?
Und was, wenn du es nicht schaffst?
Was, wenn man dich kritisiert?
Was, wenn man dich auslacht?
Was, wenn du abgelehnt wirst?
Deswegen gehst du lieber auf Nummer sicher.
Du merkst, die Angst hat mehr Wörter und Sätze, als die Sehnsucht.
Deswegen gibt es auch so viele Menschen, die die Angst zu ihrer Religion gemacht haben.
Es gibt so viel mehr Anhänger der Angst, als Menschen, die den Göttern der Sehnsucht folgen.
Die Angst und die Sehnsucht. Das sind die großen Spieler im Spiel deines Lebens.
Sie kämpfen wieder und wieder gegeneinander.
Und wenn du sagst, bei dir kämpft nichts, dann bist du vielleicht schon da, wo du hingehörst. Du hast bereits, was du willst und brauchst. Du bist zufrieden und erfüllt. Was wunderbar ist. Meine Gratulation.
Oder aber, du spürst den inneren Konflikt nicht mehr, weil die Angst den Kampf schon gewonnen hat und die Sehnsucht sich nicht mehr traut, aufzumucken.
Ich für meinen Teil hatte immer einen sehr direkten Draht zu meiner Sehnsucht. Was dein Leben nicht einfacher macht. Das nun wirklich nicht. Nein, aber es macht dein Leben reicher und erfüllter.
Ja, mein Leben wurde immer besser und besser, je mehr ich meiner Sehnsucht gefolgt bin.
Habe ich Fehler gemacht auf dem Weg? Natürlich.
Wurde ich enttäuscht? Ja, klar. Nicht nur einmal.
Habe ich Menschen enttäuscht? Leider ja. Auch das lässt sich nicht vermeiden.
Bin ich mal gescheitert? Was für eine Frage. Ja, selbstverständlich. Wieder und wieder. Das gehört dazu.
All das gehört zum Weg.
Lass dein Leben von der Sehnsucht regieren und nicht von der Angst.
Denn die Sehnsucht öffnet Räume und lässt dich Grenzen überwinden. Die Sehnsucht lässt dich durchhalten und gibt deinem Leben Triebkraft und Lebendigkeit.
Die Angst dagegen, die ist ein Käfig. Die Angst besteht aus Stacheldraht und verschlossenen Türen.
Und wenn ich von der Angst rede, dann meine ich übrigens nicht das Gefühl der Angst.
Angstgefühle, Furcht, Anspannung, Nervosität … all das begleitet mich auch, wenn ich meiner Sehnsucht folge. Sogar noch mehr, denn aus vollem Herzen zu leben, das bringt unsere Angst zum Klingen.
Ja, da ist das Gefühl der Angst sogar oft ein Wegweiser, der mir sagt: Hui, da geht es gerade um etwas Wichtiges. Das muss wohl der richtige Weg sein.
Nein, wenn ich von der Angst rede, dann meine ich die Haltung der Angst. Das Zögern. Das Bremsen. Das Verneinen. Das Vermeiden. Das Verhindern. Das Kleben an der Sicherheit. Das Rechthaben wollen.
Die Einstellung, bloß keinen Fehler zu machen. Bloß kein Risiko einzugehen.
Und allem voran wahrscheinlich die Angst vor der Angst.
All das, was diese Enge im eigenen Leben erzeugt.
Lass dein Leben von der Sehnsucht regieren und nicht von der Angst.
Das ist vielleicht der wichtigste Rat, den ich je in meinem Leben bekommen habe.
Und wie sieht es bei dir aus?
Wann beginnst du, deiner Sehnsucht nachzuspüren?
Wann gehst du deine ersten zitternden Schritte, mit feuchten Händen, aus der Angst heraus?
Ich wünsche dir Mut und Kraft.
@Ralf Senftleben
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