Panikattacken sind zwar körperlich harmlos, aber sie fühlen sich für Betroffene lebensgefährlich an. Wie man bei einer Panikattacke reagiert und wann ein Arztbesuch nötig ist, kurz erklärt.
Bei einer Panikattacke reagiert der Körper mit teils starken körperlichen und psychischen Symptomen wie Herzrasen, Atemnot, Brustschmerzen oder Todesangst.
Achtung: Dieser Text bietet lediglich einen Überblick über Erste-Hilfe-Maßnahmen. Er ersetzt keinen Erste-Hilfe-Kurs. Kursangebote bieten unter anderem das Deutsche Rote Kreuz, die Malteser, die Johanniter, der Arbeiter-Samariter-Bund und auch viele private Ausbildungsstellen in ganz Deutschland an.
Sie gehen mit einer Freundin in der Stadt spazieren. Sie erzählt Ihnen, dass sie kaum geschlafen habe, weil sie sich große Sorgen wegen einer bevorstehenden Prüfung macht. Als sie beide sich in der vollen Fußgängerzone durch die Menschenmenge schlängeln, bleibt Ihre Freundin plötzlich stehen. Sie fängt an, schnell zu atmen und hält sich mit zittrigen Händen an Ihrem Arm fest.
Was ist los?
Ihre Freundin erlebt wahrscheinlich eine Panikattacke, ausgelöst durch die Menschenmenge und starken Stress. Sie zeichnet sich durch abrupt auftretende intensive Angst oder Unbehagen sowie mindestens vier weitere körperliche oder psychische Symptome aus. Dazu zählen unter anderem Herzrasen, Schwitzen, Zittern, Schwindel, Übelkeit oder Mundtrockenheit sowie Beschwerden im Brustbereich wie Atemnot, Brustschmerzen oder das Gefühl zu ersticken. Zudem können Betroffene psychische Beschwerden aufweisen etwa die Angst zu sterben oder das Gefühl, dass man selbst oder die Umwelt fremd oder unwirklich sind. Ebenso können Hitzewallungen oder ein Kältegefühl auftreten. Innerhalb von wenigen Minuten erreichen die Symptome ihre maximale Ausprägung. Die Attacke dauert meist wenige bis 30 Minuten an, im Extremfall mehrere Stunden. Sie kann begünstigt werden durch hohen Stress, zu wenig Schlaf, viel Koffein, Nikotin, Alkohol oder Drogen.
Die Wahrscheinlichkeit, einmal im Leben eine Panikattacke zu bekommen, liegt bei etwa 11 bis 15 Prozent. Sie tritt aber auch als Symptom psychischer Erkrankungen wie Angststörungen oder Depressionen auf: Hinter wiederkehrenden Panikattacken, die unvorhergesehen und ohne spezifischen Auslöser auftreten, kann eine Panikstörung stecken. Eine solche Erkrankung betrifft zweimal mehr Frauen als Männer und beginnt meist zwischen dem 20. und 30. Lebensjahr. Drei bis vier Prozent der Bevölkerung erkranken im Laufe ihres Lebens. Die Panikattacken treten bei Betroffenen mit einer Panikstörung unterschiedlich oft auf – von mehrmals täglich bis monatlich. Man vermutet, dass genetische, neurobiologische und psychosoziale Faktoren im Zusammenspiel die Störung verursachen. Rund zwei Drittel der Erkrankten haben zusätzlich eine Agoraphobie, gemeinhin Platzangst genannt. Sie haben starke Angst vor bestimmten Orten oder Situationen wie Menschenmengen, öffentlichen Plätzen, Fahrstühlen, Bussen oder Autos, Flügen und Reisen und meiden diese so gut wie möglich.
Ist das gefährlich?
Eine Panikattacke ist für sich genommen nicht gefährlich. Für die Betroffenen fühlt es sich aber so an. Deshalb suchen sie häufig die Notaufnahme eines Krankenhauses auf oder lassen sich von verschiedenen Ärztinnen untersuchen, aus Angst, hinter den Beschwerden könnte eine ernste körperliche Erkrankung wie ein Herzinfarkt stecken. Unbehandelt können Betroffene eine Angst vor der Angst entwickeln, so dass sie ständig in Furcht vor der nächsten Panikattacke sind. Um dieser vorzubeugen, vermeiden sie Situationen und Orte, die ihre Angst auslösen, ziehen sich dadurch aber immer mehr zurück. Darunter leiden langfristig Partnerschaften, soziale Kontakte oder die Arbeit. Einige Menschen können bei einer ausgeprägten Panikstörung ihre Wohnung nicht mehr alleine verlassen. Häufig leiden die Betroffenen zusätzlich an einer oder mehreren weiteren psychischen Erkrankungen, am häufigsten an einer depressiven Störung, einer somatoformen Störung – anhaltende oder wiederkehrende körperliche Beschwerden, die sich nicht oder nicht ausreichend durch eine organische Ursache erklären lassen –, einer Alkoholabhängigkeit oder einer Zwangsstörung. Sie haben außerdem ein erhöhtes Suizidrisiko.
Sicher helfen
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Wie kann man helfen?
Eine Panikattacke von außen sicher zu erkennen, kann schwierig sein. Gerade bei Brustschmerzen denkt man vielleicht zuerst an einen Herzinfarkt. Kann man eine ernste körperliche Erkrankung nicht ausschließen, sollte man deshalb den Notruf 112 wählen. Ist klar, dass es sich um eine Panikattacke handelt, etwa, weil die Person schon einmal eine hatte, fragt man sie am besten, wie man sie in dem Moment unterstützen kann. Dabei bleibt man ruhig und nimmt sie mit ihren Beschwerden ernst. Einigen Betroffenen hilft es, abgelenkt zu werden. Sofern gewünscht, kann man zusammen Atemübungen durchführen wie die 4-7-8-Technik: Man atmet vier Sekunden langsam durch die Nase ein, hält sieben Sekunden lang die Luft an und atmet acht Sekunden lang durch den Mund aus. Dies kann Betroffene wieder beruhigen. Eine Methode, mit der die Attacke sofort verschwindet, gibt es aber nicht.
Manche Personen wünschen sich, dass man nicht mit ihnen interagiert, bis die Angst von selbst wieder nachlässt. Womöglich wenden sie im Alleingang Strategien an, die bei einer Panikattacke ablenken und beruhigen. Ihnen hilft ebenfalls, sich immer wieder vor Augen zu führen, dass diese Symptome nicht lebensbedrohlich sind und die Angst von alleine wieder verschwindet, auch wenn der Zustand unangenehm ist. Hat die Person immer wieder Panikattacken, kann man sie ermutigen, sich professionelle Hilfe zu suchen. Nach einer erstmaligen Panikattacke ist eine ärztliche Untersuchung empfehlenswert, um körperliche Ursachen auszuschließen. Eine erste Anlaufstelle ist die Hausärztin oder der Hausarzt.
Wie geht es weiter?
Ob eine psychische Störung vorliegt, stellt eine Ärztin oder ein Arzt oder eine psychologische Psychotherapeutin oder -therapeut in einem ausführlichen Gespräch sowie durch spezielle Fragebögen fest. Außerdem müssen körperliche Ursachen wie Herz-, Hirn- oder Schilddrüsenerkrankungen für die Symptome ausgeschlossen werden. Dazu werden die Blutwerte im Labor untersucht und die Aktivität des Herzens und Gehirns mittels Elektrokardiografie (EKG) und Elektroenzephalografie (EEG) gemessen. Zusätzlich macht man ein Bild des Gehirns in der Magnetresonanztomografie (MRT). Ist die psychische Erkrankung bestätigt, geht es darum, gemeinsam die passende Therapie zu finden. Als besonders wirksam für Angststörungen haben sich die kognitive Verhaltenstherapie und eine medikamentöse Behandlung mit bestimmten Antidepressiva oder weiteren angstlösenden Medikamenten erwiesen, auch in Kombination miteinander. Bei schweren Beschwerden kann auch eine stationäre Behandlung sinnvoll sein.
Gemeinsam mit der Therapeutin oder dem Therapeuten erarbeitet die Person, wodurch die Ängste und Panikattacken entstehen und welche Strategien man entwickeln kann, um diesen entgegenzusteuern. Zudem wird der oder die Betroffene mit angstauslösenden Situationen konfrontiert, so dass er oder sie merkt, dass die Angst von allein wieder nachlässt. Daneben kann die Person selbst etwas tun, um die Beschwerden zu minimieren. So können Ausdauersportarten entspannend wirken, ebenso kann man Entspannungsverfahren erlernen wie die Progressive Muskelentspannung nach Jacobson oder autogenes Training.
@Esther Megbel