Kennst du den Moment am Sonntagabend, wenn du feststellst, dass du keine Ahnung hast, was du die Woche über eigentlich gemacht hast und das Leben gerade an dir vorbei rast?
Ertappst du dich manchmal dabei, wie du gestresst von einem Termin zum nächsten hetzt, aber während des Termins überhaupt nicht konzentriert bei der Sache bist?
Bist du tendenziell eher unentspannt und leicht genervt anstatt in dir zu ruhen?
Bist du die meiste deiner Zeit mit vielen kleinen Dingen beschäftigt oder fühlst dich im Alltag gefangen und hast deswegen keinen Raum, um dich um das große Ganze in deinem Leben zu kümmern?
Falls du diese Fragen mit Ja beantwortest hast, wirst du dir wahrscheinlich spätestens jetzt die Frage stellen: Woran liegt das?
Weißt du, wo deine Gedanken während dieser ganzen Zeit sind?
Vermutlich kannst du die Frage nicht genau beantworten, da du die meiste Zeit des Tages im Autopilot unterwegs bist. Mit Autopilot meine ich, dass du mit deinen Gedanken und deinem Fokus nicht bewusst bei dir bist. Stattdessen rasen deine Gedanken von einem Thema zum nächsten, sind mit Dingen aus der Vergangenheit oder der Zukunft, mit dem Einkauf, dem Konflikt mit dem Chef oder dem nächsten Urlaub beschäftigt – aber sie sind nicht da, wo du jetzt gerade in diesem Moment bist.
Hier zu eine kleine Geschichte:
Eine weise alte Frau wurde einmal gefragt, warum sie trotz ihrer vielen Beschäftigungen immer so glücklich sein könne.
Sie sagte: „Wenn ich stehe, dann stehe ich, wenn ich gehe, dann gehe ich, wenn ich sitze, dann sitze ich, wenn ich esse, dann esse ich, wenn ich liebe, dann liebe ich …“
Dann fielen ihr die Fragesteller ins Wort und sagten: „Das tun wir auch, aber was machst Du darüber hinaus?“
Sie sagte wiederum: „Wenn ich stehe, dann stehe ich, wenn ich gehe, dann gehe ich, wenn ich …“
Wieder sagten die Leute: „Aber das tun wir doch auch!“
Sie aber sagte zu ihnen: „Nein – wenn ihr sitzt, dann steht ihr schon, wenn ihr steht, dann lauft ihr schon, wenn ihr lauft, dann seid ihr schon am Ziel.“
Kommt dir das bekannt vor? Was machst du zum Beispiel jetzt gerade während du diesen Artikel liest? Hast du gleichzeitig noch Facebook im anderen Tab offen, trinkst parallel einen Kaffee und überlegst, was es heute Abend zum Abendessen geben soll?
Multitasking wird als Softskill gehandelt, während es uns in Wirklichkeit softly killed.
Ich muss gestehen, dass ich anfangs nicht wirklich verstanden habe, was die großen Denker damit meinten, wenn sie sagen: Das Ziel ist es, im Hier und Jetzt zu sein. Ich war wie die Fragenden in der Geschichte.
Um so länger ich mich jedoch mit Achtsamkeit und Bewusstsein auseinander gesetzt habe, umso mehr fange ich an zu verstehen, was es bedeutet.
Wir sind erschöpft, gestresst und auf der Suche nach innerem Frieden, weil wir den inneren Fokus verloren haben und meistens überhaupt keine Ahnung haben, wie es uns gerade wirklich geht.
Wir laufen auf Autopilot und folgen blindlinks unseren Gedanken ohne mitzubekommen, was gerade um uns herum und in uns passiert. Zusätzlich machen wir viele Dinge parallel und nichts davon richtig. Multitasking lässt uns nicht mehr in weniger Zeit schaffen. Multitasking verschlechtert die Ergebnisse und erschöpft uns.
Wann warst du das letzte Mal WIRKLICH aufmerksam in einem Gespräch und ganz bei deinem Gegenüber und hast nicht schon darüber nachgedacht, was du antworten könntest?
Wann hast du das letzte Mal etwas gegessen und WIRKLICH auf den Geschmack geachtet und darauf das Essen mit allen Sinnen wahrzunehmen?
Wann hast du das letzte Mal ein Buch gelesen, ohne bei jedem zweiten Satz mit den Gedanken abzuschweifen?
Wann warst du das letzte Mal ganz bewusst im Hier und Jetzt mit all deinen Sinnen und deinem Fokus?
Erschaffe dir durch Achtsamkeit eine neue Realität
„Die wichtigste Stunde ist immer die Gegenwart, der bedeutendste Mensch ist immer der, der dir gerade gegenübersteht, das notwendigste Werk ist stets die Liebe.“ – Meister Eckehart
Wenn wir im Augenblick sind, ohne ihn zu beurteilen, den Geist fokussieren und konzentriert handeln, erfahren wir wahre innere Ruhe.
Wir alle kennen diesen Zustand, wenn wir etwas tun, das wir lieben. Das kann zum Beispiel sein, wenn du surfst, wenn du joggst, wenn du malst, Yoga übst, dir einen Sonnenuntergang ansiehst oder ein Buch liest, das dich fesselt. Abgesehen davon, dass diese Dinge Spaß machen, genießen wir solche Momente vor allen Dingen deswegen, weil unser Geist ruhig ist.
Wie kannst du diesen Zustand im Alltag erschaffen, wenn gerade kein Surfbrett oder Sonnenuntergang zur Hand ist?
1. Schaffe dir kleine Achtsamkeitspausen im Alltag
Richte deinen Fokus im Laufe des Tages immer wieder auf deinen Atem. Achte für eine Minute auf den Luftstrom, der deine Nasenspitze bei jedem einatmen und jedem ausatmen berührt. Du kannst deine Augen dabei geöffnet oder geschlossen halten.
Diese Übung kannst du überall machen, während du in der U-Bahn fährst, am Arbeitsplatz bist oder abends im Bett liegst.
Dein Atem bringt dich immer direkt in die Gegenwart.
2. Sprich, wenn du sprichst. Geh, wenn du gehst. Liebe, wenn du liebst.
Mach es dir zur Routine, das zu tun, was du gerade tust und mit deinen Sinnen ganz dabei zu sein.
Wenn du abwäschst, spür wie sich das Wasser auf deiner Hand anfühlt und wie es sich anhört, wenn du das Geschirr abstellst.
Wenn du spazieren gehst, achte bewusst auf deine Umgebung, auf das Licht und auf die Luft.
Wenn du isst, iss mit all deinen Sinnen und nimm jeden Bissen ganz bewusst wahr.
Wenn du mit Menschen, die du liebst, Zeit verbringst, mach dein Handy aus.
3. Höre liebevoll zu
Wusstest du, dass die Qualität eines Gesprächs nicht vom Redner sondern vom Zuhörer abhängt? Umso mehr du deinem Gegenüber deine volle Aufmerksamkeit schenkst und zuhörst, umso eher wird euer Gespräch eine ganz neue Tiefe erreichen.
In einer normaler Gesprächssituation sind wir selten ganz präsent. Wir sind viel mehr mit dem Dialog in unserem Kopf beschäftigt, als mit dem, was der andere sagt.
Zuhören bedeutet, nicht nur die Worte zu hören sondern das, was der andere tatsächlich sagt.
Einem anderen Menschen seine ganze Aufmerksamkeit zu schenken, ist vielleicht der schönste Ausdruck von Liebe.
4. Entschleunige
Unser Lebenstempo ist so rasant geworden, wie niemals zuvor in der Geschichte der Menschheit. Ständige Erreichbarkeit ist ein Muss und eine Email darf nicht länger als 5 Minuten unbeantwortet bleiben.
Mach langsam.
Stell deine Push Nachrichten auf dem Handy aus. Bestimme selbst, wann du Emails und Nachrichten beantwortest.
Etabliere dir eine Morgenroutine, mit der du ruhig und entspannt in den Tag startest. Koche dir einen Tee, lies ein paar Seiten in deinem Lieblingsbuch und meditiere (hier kannst du dir kostenlos deine Guten-Morgen-Meditation herunterladen).
5. Werde der Beobachter deiner Gedanken
„Dein Verstand ist ein Instrument, ein Werkzeug. Er hat seinen Nutzen bei bestimmten Aufgaben, und wenn die erledigt sind, schaltest du ihn wieder ab. In Wirklichkeit sind achtzig bis neunzig Prozent des Denkens der meisten Menschen nicht nur nutzlos und repetitiv, sondern oft so gestört und negativ, dass sie geradezu schädlich wirken“. – Eckhart Tolle
Einer der besten Effekte von Achtsamkeit ist, dass sie den Autopiloten ausstellt.
Warum ist das so wichtig?
Grundsätzlich wäre gegen Autopilot überhaupt nichts einzuwenden, wenn der Autopilot in den meisten Köpfen nicht so einen Blödsinn verzapfen würde.
Wir denken im Schnitt zwischen 60.000.-70.0000 Gedanken am Tag.
Wie viele davon sind davon positiv an dich selbst gerichtet?
Achtsamkeit ist dein Tool, um im Alltag immer mal wieder inne zu halten und zu schauen, wo die eigenen Gedanken gerade sind und ob du sie da haben möchtest.
Innehalten. Wo bin ich gerade mit meinen Gedanken?
Anfühlen. Wie fühle ich mich, wenn ich diese Gedanken denke? Nimm einfach nur wahr, aber bewerte die Gedanken nicht und vor allen Dingen, werte dich nicht dafür ab, falls du gerade einen negativen Gedanken gedacht hast.
Loslassen. Gedanken weiterziehen lassen und den Fokus zurück in den Moment bringen.
@ Laura Malina Seiler
Fotonachweis: unsplash.com / Lina Trochez